Bio-Obst und -Gemüse sind inzwischen quasi selbstverständlich. Auch Bio-Eier, -Fleisch und -Käse sind keine Seltenheit mehr. Doch haben Sie sich einmal gefragt, was dieses “bio” eigentlich genau bedeutet? Wir als Bio-Bäckerei setzen uns damit tagtäglich auseinander. Und auch wenn Sie zu Hause bio backen wollen, sollten Sie sich zunächst einmal mit der Thematik genau beschäftigen. Denn: Es gibt viele Bio-Siegel. Wir erklären, wieso.

Der Ursprung der “Bio”-Bewegung

Wer denkt, dieser ganze “Bio-Wahn” sei völlig unsinnig und nur eine moderne Trenderscheinung, den müssen wir enttäuschen. Denn tatsächlich gibt es inzwischen schon seit über 100 Jahren Bewegungen, Vereinigungen und Bestrebungen für eine bewusstere, naturbelassene Ernährung. Natürlich verschärften sich die Regeln teilweise im Vergleich zu denen von Beginn des 20. Jahrhunderts. Aber gleichzeitig entwickelte sich auch die Lebensmittelindustrie weiter und es kamen neue Facetten hinzu, die von der Bio-Bewegung berücksichtigt, bewertet und entsprechend behandelt werden mussten. Stichwort: Pestizide oder Gentechnik.

Inzwischen haben sich die Bio-Lebensmittel – am häufigsten werden Milchprodukte, Obst und Gemüse, aber auch Backwaren nachgefragt – von einer kleinen Randerscheinung, versteckt in Reformhäusern oder kleinen Bio-Märkten, zu einer großen Präsenz weiterentwickelt. Sie zu bekommen ist heutzutage kaum noch problematisch. Die Vorteile sickern Stück für Stück ins Bewusstsein der Konsumenten. Was also für manchen noch wie ein neumodischer Trend wirkt, ist in Wahrheit eine Langzeitentwicklung.

Bio-Siegel oder: Was zeichnet Bio-Lebensmittel aus?

Ob nun der Supermarkt sich entscheidet, seine Obst- und Gemüseabteilung durch einen Teil an Bio-Sortiment zu erweitern, oder aber eine Bäckerei beschließt, zukünftig nur noch auf Basis von Bio-Lebensmitteln ihre Backwaren herzustellen – die wichtigste Überlegung dabei ist es, an welchem Siegel man sich orientiert. Denn “Bio” ist nicht überall das Gleiche. Es sind längst nicht alle Standards die selben.

Worauf man sich immer verlassen kann, ist auf jeden Fall, dass keine künstlichen Lebensmittelzusatzstoffe wie Farb- und Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker, künstlichen Aromen oder Stabilisatoren verwendet werden dürfen. Es dürfen auch keine künstlichen Methoden oder Prozesse (z.B. künstliche Reifung) eingesetzt werden.

Doch nach diesen Grundsätzen beginnen schon die Unterschiede. Wir wollen Ihnen darum im Folgenden die vier wichtigsten Bio-Siegel in Deutschland vorstellen.

Das Bio-Siegel Euro-Blatt nach EU-Richtlinie

Quelle: Wikipedia.de

Die Grundlage: das EU-Bio-Siegel

Wer seine Produkte als “bio”, “öko” oder als “aus kontrolliert biologischem Anbau” bezeichnen möchte, muss seit dem 1. Juli 2010 verpflichtend das EU-Bio-Siegel tragen. Es kennzeichnet Produkte, die aus ökologischer Landwirtschaft stammen und legt grundlegende Kriterien gemäß des EU-Rechts an, welche die Erzeuger oder Verarbeiter umsetzen müssen.

Kriterien:

  • Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel (Positivliste)
  • Einhaltung einer höchstzulässigen Anzahl von Tieren pro Hektar
  • Umsetzung artgerechter Haltungsformen
  • Nutzung von biologischen Futtermitteln sowie Verbot von präventiver Antibiotika-Gabe
  • Verbot von Gentechnik
  • Verarbeitung: nur 53 Zusatzstoffe zugelassen (konventionelle Produkte in der EU: 316)
  • zusammengesetzte Lebensmittel dürfen nur dann „bio“ oder „öko“ genannt werden, wenn mind 95% der Zutaten die Kriterien erfüllen

Um als Hersteller sich entsprechend zertifizieren lassen zu können, müssen sich die Unternehmen bei einer zugelassenen Öko-Kontrollstelle melden. Dort müssen auch Erzeuger und Händler nachweisen, dass in ihren Betrieben ein ökologisches Wirtschaften gemäß der Vorschriften durchführbar ist. Dabei darf es zum Beispiel nie eine Vermischung der Bio-Ware mit der konventionellen geben. Die vollumfängliche Rückverfolgbarkeit muss gewährleistet sein.

Nach einer Erstkontrolle wird mindestens einmal im Jahr erneut geprüft. Dabei ist ca. jeder 5. Besuch unangemeldet. Dennoch wird das EU-Bio-Siegel als die “light”-Variante verstanden, da hier noch immer zahlreiche Dinge gestattet sind, die bei anderen Zertifikaten verboten wurden. Es ist also ein erster Schritt, der aber noch deutlich weiter führen kann.

Das Bio-Siegel Naturland - ein grüner Rahmen mit stilisierten grünen Blättern darin, darunter der Schriftzug des Labels.

Quelle: Wikipedia.de

Sozial und Fair: das Naturland Siegel

1982 gründeten einige Wissenschaftler, Landwirte und Verbraucher diesen Verbund mit dem Ziel die ökologische Landwirtschaft weltweit zu fördern. Inzwischen sind über 65.000 Erzeuger in 58 Ländern zertifiziert, davon allein rund 3.700 in Deutschland. Somit scheint das Ziel durchaus erreicht. Zudem stehen hier auch zahlreiche soziale Aspekte mit im Fokus, etwa den Ausschluss von Kinderarbeit und die Wahrung der Menschenrechte.

Kriterien:

  • eine Gesamtbetriebsumstellung auf Bio ist vorgeschrieben
  • schärfere Beschränkung der Düngemenge
  • weniger Geflügel und Schweine pro Hektar Fläche, als gesetzlich vorgeschrieben
  • Weidegang für Milchvieh
  • ständiger Auslauf für Legehennen
  • Tiertransporte über maximal acht Stunden
  • Mindestens 50 Prozent des Futters vom eigenen Betrieb
  • Verarbeitung: nur 22 Zusatzstoffe zugelassen (EU-Bio: 53)

Zudem können sich die Unternehmen auch noch freiwillig das Zusatz-Zertifikat “Naturland Fair” verleihen lassen, welches weitere sieben soziale Anforderungen stellt:

  • Sozialrichtlinien
  • Verlässliche Handelsbeziehungen
  • Faire Erzeugerpreise
  • Regionaler Rohstoffbezug
  • Gemeinschaftliche Qualitätssicherung
  • Gesellschaftliches Engagement
  • Unternehmensstrategie und Transparenz

Um die Einhaltung dieser strikten und vor allem strengeren Regelungen als vom Gesetz vorgesehen zu prüfen, verfassen staatlich anerkannte Kontrolleure unabhängige Berichte. Eine Anerkennungskommission von Naturland entscheidet dann anhand dieser über die Zertifizierung. Der Verband sorgt zudem selbstständig für die langfristige Kontrolle der Unternehmen. Mindestens einmal pro Jahr werden teils angemeldete, teil unangemeldete Betriebsbesuche von entsprechend Beauftragten zur Überwachung durchgeführt.

Dunkelgrünes Quadrat, darauf in weißen Buchstaben der Bioland-Schriftzug

Quelle: Wikipedia.de

Stark für die Region: das Bioland Siegel

Dieser Anbauverband ist seit 1978 aktiv und inzwischen der größte, ökologische in Deutschland. Sein Ziel ist es ebenfalls den organisch-biologischen Landbau umzusetzen, zu fördern und zu verbreiten – und dabei wird besonderer Wert auf die Regionalität und eine Art Kreislaufwirtschaft gelegt. So wird zum Beispiel der Tierdung der eigenen Haltung wieder als Nährstoffquelle für den Boden eingesetzt.

Kriterien:

  • Vorschrift, dass Gesamtbetrieb auf bio umgestellt sein muss
  • strengere Beschränkung der Düngemenge als gesetzlich vorgeschrieben
  • Weniger Geflügel und Schweine pro Hektar Fläche
  • Weidegang für Rinder
  • ständiger Auslauf für Legehennen
  • Tiertransporte maximal vier Stunden und 200 Kilometer
  • 100 % Biofutter, mindestens 50 % des Futters vom eigenen Betrieb oder regionaler Kooperation
  • Verarbeitung: nur 22 Zusatzstoffe zugelassen (EU-Bio: 53)

Diese internen Regelungen sind wiederum deutlich strenger, als die Gesetzeslage es vorschreibt. Um sie einzuhalten, werden auch hier staatlich anerkannte, unabhängige Kontrolleure beauftragt, die Unternehmen mindestens 1x jährlich zu überprüfen. Zusätzlich gibt es auch eine stichprobenartige Kontrolle von 10-20 % der Betriebe – unangekündigt. Und auch die Futtermittel werden streng überwacht – 4x im Jahr.

Oranger Hintergrund, eine dunkelgrüne schräge Linie, auf der in weißer Schrift "Demeter" steht

Quelle: Wikipedia.de

Die Königsklasse: das Demeter Siegel

In Deutschland ist er wohl der älteste Bio-Anbauverband und gleichzeitig der strengste. Etwa 1.600 Landwirte, 300 Hersteller, 100 Hofverarbeiter und 140 weitere Vertragspartner arbeiten mit der seit 1924 bestehenden Vereinigung zusammen. Sie alle verfolgen einen besonders strengen, nachhaltigen und ganzheitlichen Ansatz. Dabei wird der Hof als eine Art Organismus verstanden, der im Idealfall autark überlebensfähig ist.

Kriterien:

  • Gesamtbetriebsumstellung auf Demeter vorgeschrieben
  • strikte Vorgaben zu Pflanzenschutzmittel
  • starke Beschränkung der Düngemenge
  • Verarbeitung: nur 21 Zusatzstoffe zugelassen (EU-Bio: 53)
  • eigene Tierhaltung ist obligatorisch, um hochwertigen Kompost zu erzeugen
  • Weniger Geflügel und Schweine pro Hektar Fläche
  • Auslauf für Rinder, Weidegang so viel wie möglich
  • Enthornung von Rindern verboten, Haltung enthornter oder genetisch hornloser Rinder (mit wenigen Ausnahmen) verboten
  • Auslauf für Legehennen
  • 100 % Biofutter, mindestens 50 % des Futters vom eigenen Betrieb oder regionaler Kooperation

Dieses Siegel wird ausschließlich dann vergeben, wenn ein Produkt mindestens 95% bio ist und 90% Demeter-Zutaten enthält. Es geht weit über die gesetzlichen Vorschriften hinaus und bringt einen ganz eigenen, anthroposophischen Ansatz mit sich. Die Betriebe werden dafür ebenfalls mindestens 1x jährlich durch staatlich anerkannte, unabhängige Kontrollstellen überprüft. Zudem ist ein jährliches Betriebsentwicklungsgespräch Pflicht.

Warum bio backen und Bio-Bäckereien?

Scheinbar endlos lange Zutatenlisten voller Stoffe, die Sie nicht aussprechen, geschweige denn zuordnen können, wollen Sie von Ihrem Speiseplan streichen? Dann ist tendenziell Bio-Backen genau das Richtige für Sie! Denn die Backwaren bestehen dabei nur aus Mehl, Flüssigkeit, Gewürzen und Triebmitteln. Und diese Zutaten sind allesamt ebenfalls natürlichen Ursprungs. Das bedeutet, das Getreide ist öko, die Hefe ebenso und von synthetischen Enzymen fehlt jede Spur.

Welchem Bio-Siegel Sie dabei Ihr Vertrauen schenken, bleibt natürlich Ihre Entscheidung. Doch im Grunde können Sie darauf bauen, dass dabei zahlreiche Aspekte im Vergleich zu konventionellen Produkten verbessert werden und sich dadurch auch positiv auf Sie und Ihre Umwelt auswirken. Sei es nun, dass Sie deutlich weniger Pestizide aufnehmen, den Tieren ein artgerechteres Leben ermöglichen oder die natürlichen Ressourcen schonen. Diese und einige weitere Punkte sprechen durchaus für Bio-Lebensmittel. Und wem das Bio-Backen selbst zu umständlich ist, der kann sicherlich eine Bio-Bäckerei in seiner Nähe finden.

Quellen
www.wikipedia.org/wiki/Bio-Lebensmittel
www.wikipedia.org/wiki/Bio-Siegel
www.schrotundkorn.de/…/200712b01.html
www.utopia.de/siegel/demeter/
www.utopia.de/siegel/bioland/
www.utopia.de/siegel/naturland/
www.utopia.de/siegel/eu-bio-siegel/
www.sonnentor.com/…/warum-bio-besser-ist