Wie konnte ein durch Zufall auf einen heißen Stein getropfter und dort ausgebackener Getreidebrei Ausgangspunkt für die weltweite Entwicklung der Zivilisation werden? Und warum ist gerade Deutschland Zentrum für dieses uralte Nahrungsmittel? Wir schauen einmal genauer hin und stellen Ihnen das Kulturgut Brot vor. Begleiten Sie uns auf eine spannende Reise durch die Zeit, auf den Spuren unseres liebsten Backwerks.

Die Geschichte des Brots

Ein neuer Trend in der Ernährung ist ja die Paleo-Diät, welche auf dem angeblich ursprünglichsten Speiseplan der Menschheit basiert: Fleisch, Nüsse und Beeren – Steinzeitkost eben. Doch tatsächlich ist diese Annahme inzwischen widerlegt, denn Fakt ist: Unsere Urahnen kannten sehr wohl auch Getreide und somit Brot!

Das älteste Brot der Welt

Getreide musste in der Altsteinzeit noch immer mühsam gesucht und gesammelt werden. Doch das hielt die Steinzeitmenschen nicht davon ab, es zu mahlen und mit etwas Wasser zu einem Brei zu verarbeiten. Beweise dafür finden sich zum Beispiel am Fundplatz Shanidar (einer Neandertaler-Höhle im Nordirak), wo über 40.000 Jahre alte Spuren von erhitzter Wildgerste nachgewiesen werden konnten. Auch in Süditalien, in der Grotta Paglicci, fand man Mörsergeräte, an denen sich Getreidestärke befand – beides über 30.000 Jahre alt. Ähnliche Funde nördlich der Alpen (im heutigen Russland und Tschechien) belegen die weite Verbreitung dieses Wissens in jener Zeit.

Das älteste Brot der Welt aber fanden dänische Archäologen in Jordanien. In der Natufien-Siedlung Shubayqa gruben sie direkt an einer alten Feuerstelle einen verkohlten Brotrest aus. Dieser besteht aus wildem Getreide (Einkorn), Strandbinsen und anderen Wurzeln. Damit war der eindeutige Beweis gefunden, dass Brotbacken bereits 4.000 Jahre vor der Erfindung der Landwirtschaft und des Getreideanbaus stattfand. Diesen gibt es nämlich erst seit ca. 10.000 Jahren in seiner systematischen Form.

Zwei Erfindungen, die aus Brei Brot machten

Es war höchstwahrscheinlich einfach ein Zufall, als etwas Getreidebrei auf einen heißen Stein einer Feuerstelle tropfte und dort zu backen begann. Nach einer vorsichtigen Kostprobe erkannten unsere Steinzeit-Vorfahren, dass das Ganze so deutlich leckerer wurde und zudem auch noch haltbar und somit transportabel war – ein wichtiger Fakt, denn sie waren noch immer Nomaden. Im Laufe der Zeit verfeinerten die Menschen diesen Prozess und machten zwei wichtige Entdeckungen:

Die erste war der Backofen. Denn auf heißen Steinen oder in Asche entstanden immer nur Fladen. Buk man den Teig jedoch in einer geschlossenen Form aus, entstanden runde Laibe. Dazu stülpte man zum Beispiel ein Tongefäß über den heißen Stein, wodurch der Brei voll von Hitze umschlossen wurde. Spätere Backöfen glichen Bienenkörben aus Lehm. Und auch Löcher in der Erde, die mit Glut gefüllt und wieder zugeschüttet wurden bildeten eine primitive Variante des Ofens.

Die zweite Entdeckung war die der Hefe. Wurde ein Teig nicht sofort weiterverarbeitet, begann aufgrund der Hefepilze in der Luft eine Gärung. Dieser Vorgang brachte dann deutlich lockerere, schmackhaftere Brote hervor. Um den Prozess immer wieder hervorrufen zu können, wurden wahrscheinlich viele Experimente durchgeführt. War ein Teig einmal besonders gut gelungen, wurde davon ein kleiner Rest aufbewahrt und dem neuen wieder zugeführt – der Sauerteig war erfunden.

Wie das Brot nach Europa kam

Auch wenn es Nachweise fürs Brotbacken nördlich der Alpen gibt – der Hotspot des Gebäcks lag zunächst in Afrika, genau gesagt im alten Ägypten. Wie so vieles in ihrer Kultur perfektionierten die Ägypter nämlich auch das Brotbacken. So gab es hier in dieser Zeit die ersten Bäckereien, in denen das Kulturgut in größeren Maßen hergestellt werden konnte. Außerdem war das gesäuerte Brot (also durch Hefe gegoren) schon vor über 5.000 Jahren bekannt. Den Gärungsprozess kultivierten sie darum ebenfalls wie kaum ein anderer.

Von Ägypten aus gelangte dieses Wissen dann peu-a-peu nordwärts. Die Griechen übernahmen die Kunst zunächst und danach die Römer. Diese wiederum verbreiteten das Brot Backen dann in weite Teile Europas zusammen mit der Ausdehnung ihres Reiches. Als dieses irgendwann schließlich zerfiel, war Brot schon so existenziell für die Menschen als Nahrungsmittel geworden, dass es seitdem jeden politischen Konflikt überstand.

Die Bedeutung von Brot

Brot ist ein Grundnahrungsmittel. Und das nicht erst seit den letzten 150 Jahren! Wie eben beschrieben war Brot wahrscheinlich der Grund für das Überleben der Menschheit seit Anbeginn. Denn die Wissenschaft vermutet, dass die angebliche Steinzeit-Kost (Fleisch und Früchte) eher den Neandertalern zuzuschreiben ist, welche bekanntermaßen ja ausstarben. Brot hingegen war energiereich, haltbar und transportabel. Es sicherte dadurch womöglich das Überleben auch in kargen Zeiten und war somit schon immer ein kostbares Gut.

Zudem sagen viele, dass Brot der Ursprung der Zivilisation war. Und auch diese Annahme scheint gar nicht so weit hergeholt. Immerhin war der Getreideanbau Grund dafür, dass die Menschen sesshaft wurden. Es bildeten sich so Siedlungen, die Menschen begannen sich zu spezialisieren, entwickelten Berufe, Handwerke, Handel usw. Und das alles vielleicht wegen ein wenig Brot?

Kein Wunder also, dass das Brot Backen inzwischen als immaterielles Kulturerbe von der UNESCO geschützt wird. Das deutsche Bäckerhandwerk gilt dabei als eine besonders vielfältige und lebendige kulturelle Ausdrucksform.

Brot in Deutschland – wir sind Weltmeister!

Ausgewanderte Deutsche vermissen es wahrscheinlich mit am meisten, während Touristen aus fernen Ländern besonders von ihm schwärmen: dem deutschen Brot. In keinem anderen Land gibt es eine solche große Brotkultur, wie bei uns in Deutschland. Das sieht man bereits beim Blick auf das sogenannte Deutsche Brotregister: Hier sind aktuell knapp 3.200 unterschiedliche Brotspezialitäten aufgelistet!

Der Grund für diese enorme Vielfalt und auch Qualität der Backwaren liegt zum einen in der geografischen Beschaffenheit, zum anderen in der Historie unseres Landes begründet. Während Weizen meist in südlichen Regionen sehr gut gedeiht, mag es Roggen zum Beispiel eher kühl und sandig. Diese Voraussetzungen finden sich in Deutschland des öfteren und somit konnten Dank des intensiven Aromas dieser Getreidesorte auch spannende Gebäck-Varianten entwickelt werden.

Dass sich diese so stark regional voneinander unterscheiden kommt durch unsere Geschichte. Da Deutschland lange Zeit kein einheitliches Land war, sondern es die sogenannte Kleinstaaterei gab, waren die Leute dazu gezwungen, sich sehr eigenständig zu entwickeln. Man grenzte sich bewusst von den Nachbarn ab, versuchte sich gegenseitig zu übertrumpfen bzw. auch mit den regional gegebenen Mitteln auszukommen, um etwa keine teuren Zölle bezahlen zu müssen. Und so entstanden die zahlreichen Brotvarianten.

Brauchtum Brot: Helfer in allen Lebenslagen

Brot ist wie gesagt ein Grundnahrungsmittel. Es sicherte lange Zeit das Überleben der Menschen, weswegen ihm ein großer spiritueller und symbolischer Wert zugeschrieben wird. Zahlreiche Bräuche und Rituale sind mit dem Backwerk verbunden. Manche sind weltweit bekannt, andere nur regional. Einige möchten wir Ihnen gern vorstellen, denn auch sie zeugen vom Kulturgut Brot.

Brot in der Religion

Sowohl im Alten, als auch im Neuen Testament gibt es zahlreiche Geschichten, die mit Brot zusammenhängen. So feiern auch heute noch die Juden das Pessachfest anlässlich dem Auszug aus Jerusalem. Dazu essen sie nur ungesäuertes Brot, da man der Überlieferung nach so schnell aufbrechen musste, dass keine Zeit mehr war, um den Teig gären zu lassen.

In der christlichen Religion denken wohl die meisten an das letzte Abendmahl oder an eines von Jesus vollbrachten Wundern, als er Brote wie von Zauberhand vermehrte. Noch heute gibt es in in Messen den Leib Christi in Form einer Hostie zu essen. Und im Gebet “Vater Unser” spricht man vom täglich gegebenem Brot.

Geschenke zur Geburt

Dieser Brauch ist heutzutage wahrscheinlich nicht mehr sehr weit verbreitet. Aber es gibt den Glauben, dass Wöchnerinnen, die in der erste Woche nach der Niederkunft ausschließlich vom Brot der Patenleute essen (auch “Gevatterbrot” genannt), ihr Kinde vor Unheil schützen und stark machen. Aus gleichen Gründen wird manchmal auch ein Laib Brot über dem Neugeborenen gebrochen, damit es gedeiht und gesegnet ist.

Liebe und Zweisamkeit

Ziehen zwei Menschen zusammen, schenkt man ihnen Brot und Salz. Dieser Brauch ist wohl am bekanntesten. Er soll dafür sorgen, dass stets Wohlstand und Glück im Hause sein sollen. Denn Brot und Salz waren kostbare Güter. Darum schenkte man diese Kombination auch frisch vermählten Ehepaaren.

Ein anderes brotähnliches Gebäck, dass ebenfalls zur Hochzeit geschenkt wird, gibt es in Meißen bei Dresden. Dieses ist etwa so groß wie ein Handball und innen hohl. Die sogenannte Fummel ist sehr zart und darum auch so zerbrechlich – genau wie die Liebe, heißt es. Es wird in Meißen getrauten Ehepaaren geschenkt und soll, falls sie heil zu Hause ankommt, für eine dauerhafte Liebe sorgen.

Kulturgut Brot – nicht nur lecker!

Wir kommen um diese Backware einfach nicht herum. Doch das ist auch nicht weiter verwunderlich bei dieser bewegten Geschichte. Brot ist nicht nur lecker, es ist auch schon so lange unser Begleiter wie kaum etwas anderes. Bei einer so langen gemeinsamen Reise muss man es doch einfach lieben, nicht wahr?

Quellen
www.wikipedia.org/wiki/Brot#Geschichte
www.wikipedia.org/wiki/Brot_und_Salz
www.brotexperte.de/…/die-erfindung-des-brotes/
www.brotinstitut.de/…/historische-informationen/
www.spiegel.de/…/meissner-fummel